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Bitte befolgen Sie Tipps/Empfehlungen/Anregungen, die Sie hier oder anderswo im Internet gefunden haben, niemals, ohne das vorher mit Ihrem behandelnden Arzt, bzw. mit Ihrem Diabetesteam besprochen zu haben!

Wichtig!
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Hypoglykämie

Die Symptome sind schon im Kapitel Grundlagen beschrieben.
Zur Wiederholung: Maßgeblich für den Schwellenwert (ab dem eine Hypo wahrgenommen wird) ist zum einen der durchschnittliche BZ, den der Pat. bisher hatte. Ein Diabetiker, der z.B. bisher durchschnittliche BZs um 300 mg/dl hatte kann sich möglicherweise schon bei Werten um 100 oder 150 mg/dl hypoglykämisch fühlen.

Ein anderer Zusammenhang zwischen BZ und dem Auftreten von Hypo-Symptomen besteht im Wechselspiel zwischen Ausgangs-BZ und BZ-Sinkgeschwindigkeit. Je höher der Ausgangs-BZ und je höher die Sinkgeschwindigkeit, desto früher und stärker äußern sich die Symptome.
Hier gilt der Umkehrschluss: je sanfter ein BZ sinkt, desto geringer sind die Symptome und der Zeitpunkt, an dem sie wahrgenommen werden. So ist auch ein BZ von 30 mg/dl, der symptomlos abläuft nichts Außergewöhnliches.

Was passiert eigentlich bei einer Hypoglykämie?
Einfach ausgedrückt registriert der Körper den sinkenden BZ, der für die Nervenzellen existenzbedrohend ist und leitet Gegenmaßnahmen ein, indem er Adrenalin, Cortisol und Somatotropin ausschüttet. Dies sind Gegenspieler des Insulins, bewirken aber andererseits die erwähnten Hyposymptome.
Beim Nicht-Insulinspritzenden Diabetiker wird auch Glukagon ausgeschüttet. Beim Insulinspritzenden Diabetiker wird dies durch das zugeführte Insulin weitgehend verhindert, daher benötigt er im Notfall dieses Hormon auch von außen zugeführt.
Glukagon fördert die Glucoseneubildung in der Leber und erhöht so den Blutzucker. Allerdings wirkt dieser Regelkreis langsamer, als wenn man sofort Glucose zuführen kann. Daher ist Glukagon dann das Mittel der Wahl, wenn der Diabetiker aufgrund Bewusstlosigkeit keinen Traubenzucker zu sich nehmen kann und der Notarzt noch nicht vor Ort ist. (Der Notarzt wird auch kein Glukagon spritzen, sondern direkt Glucose i.v.)

Woran erkenne ich als Außenstehender eine Hypoglykämie?
Wenn dies nicht bereits durch die BZ-Messung zweifelsfrei festgestellt wurde, dann anhand der typischen (sichtbaren) Symptome: Zittern und Schweißausbrüche.
Da eine Hypo auch mentale Auswirkungen hat sollte es auch verdächtig sein, wenn der Patient sich unkoordiniert verhält, die Sprache verwaschen ist, er aggressiver als normal erscheint oder seine Aussagen scheinbar keinen Sinn ergeben.
Allgemein bietet ein Patient mit mittelschwerer Hypoglykämie ein ähnliches Bild wie ein Betrunkener (und wurde in der Vergangenheit/wird auch heute noch oft dafür gehalten! Unterzuckerte Diabetiker finden sich auch heute noch hin und wieder - wenn auch seltener als früher - in Ausnüchterungszellen wieder).

Aggressives Verhalten bei einer Hypoglykämie kommt nicht selten vor. Sie ist häufig Ausdruck dafür, dass im Glukosemangelzustand die Denkprozesse gestört sind und die geistige Beweglichkeit einschränken. Bei aller Liebe, Kameradschaft und Verständnis für die Grunderkrankung kann das auf Dauer eine private oder berufliche Beziehung ziemlich belasten, und wenn es häufiger vorkommt sollte der Diabetiker doch mal über ein Hypoglykämiewahrnehmungstraining nachdenken. Hierbei versucht man auf individuelle Vorboten einer Hypo zu achten und denen dann mit einem ritualisierten Verhalten zu begegnen.

Was ist zu tun bei einer Hypoglykämie?
Das kommt darauf an, in welchem Ausmaß die Hypo auftritt.
Eine leichten Hypo bekämpft man mit ein bis zwei BE schnell verfügbaren KH, gefolgt von ein bis zwei BE „langsamen“ KH (etwa eine Scheibe Brot mit Butter/Margarine)
Nimmt man nur die ein bis zwei BE Traubenzucker, lässt die nächste Hypo nicht lange auf sich warten, wenn diese Not-BE verstoffwechselt sind. So aber wirken die BE über einen längeren Zeitraum.
An Stelle der Scheibe Brot wird von manchen Diabetikern ein Schokoriegel nicht verachtet. Aufgrund des Fettgehaltes in der Schokolade hat der einen ähnlich verzögernden Effekt (und ist daher nicht unbedingt das erste Mittel, das man einsetzt. Erstmal müssen schnelle KH OHNE Fett ran)
Bei einer mittelschweren Hypo wird der Pat. sich oft kaum bremsen können und möglicherweise essen, bis die Symptome nachlassen.

Gut geschulte Diabetiker, die per ICT behandelt werden, können auch mit diesen Situationen umgehen und wissen meist, wieviel Insulin sie für die zuviel gegessenen KH nachspritzen müssen.

In der Klinik habe ich sowohl bei mir als auch bei meinen Patienten sehr gute Erfahrungen mit naturreinem Apfelsaft gemacht, in den ich ein bis zwei Löffel Traubenzucker eingerührt habe.
Kaufen sie für Zuhause ruhig den billigen Traubenzucker in der Großpackung. Diese kleinen Täfelchen sind im Vergleich dazu wesentlich teurer und bewirken doch das Gleiche.

Nicht gerade billig aber in ihrer Wirkung wesentlich schneller als alles was ich sonst kenne sind die "Hypo-Helper", die es seit einigen Jahren gibt. In Deutschland erhältlich unter dem Namen "Jubin" (Tuben á 2,6 BE zu ca. 1,80 € pro Stück) oder "Carrero" (Schläuche á 1 BE zu ca. 9 Euro pro Zehnerpackung; in Österreich auch etwas preiswerter und genauso gut als "Wellbion"). Versandhändler für Diabetikerprodukte bieten oft Mengenrabatte.
Ich nehme sie mittlerweile trotz des hohen Preises ganz gerne, denn gegenüber den Traubenzuckertäfelchen bieten sie ein paar Vorteile:

Die Verpackung ist sehr leicht zu öffnen (wer schon mal mit zittrigen Fingern versucht hat Traubenzuckertäfelchen auszuwickeln weiß was ich meine)
Sie wirken schnell und zuverlässig
Sie lassen sich gut transportieren und die Schläuche halten auch Belastungen durch Druck aus.
Sie schmecken so ekelhaft süß, dass man garantiert nicht in Versuchung kommt, sie als normalen Süßigkeitenersatz zu missbrauchen

Aber Vorsicht: gerade die mittelschweren Hypos gehen oft mit Bewusstseinsstörungen einher, so dass manche Patienten in ihrer Entscheidungsfähigkeit etwas dagegen zu tun gehemmt sind und die nötigen Erstmaßnahmen (KH-Aufnahme) nur verzögert einleiten.

Aus diesem Grund lässt man einen hypoglykämischen Patienten niemals allein zurück!!!

Entweder wartet man ab, bis der BZ wieder gestiegen ist oder veranlasst eine Krankenhauseinweisung.

Viele überholte Ansichten gibt es in der Behandlung von bewusstlosen Diabetikern.
Oft ist da die Rede von „Traubenzuckerlösung einträufeln“ oder „Traubenzuckerplättchen in die Wangentasche einlegen“.
Einem bewusstlosen Patinten ohne Schluckreflex feste oder flüssige Nahrung zuführen kann zu einer Aspiration (Nahrung und Mundspeichel gelangen in die Lungen) führen, und von da ist der Weg zur Aspirationspneumonie (=Lungenentzündung durch Einatmen von Fremdkörpern) nicht mehr weit.
Hier ist die Maßnahme als erstes die Feuerwehr alarmieren (die leitet weitere Schritte ein), den Patienten in die stabile Seitenlage bringen, Kopf überstrecken und die Vitalfunktionen sicherstellen. Dann nach Möglichkeit bis zum Eintreffen des Notarztes Glukagon (falls vor Ort) injizieren (Gibt es als „GlucaGen-Kit“ mit Einmalspritze; Glukagon in Pulverform und Lösungsmittel:

Lösungsmittel aufziehen, in das Pulver spritzen, schütteln, aufziehen, verabreichen).

Bis zum Eintreffen des Notarztes die Vitalfunktionen überwachen.
Falls der Patient von alleine aufwacht oder auch nach Glukagon: BE rein!! (Weil der BZ-Anstieg, der zum Erwachen führte, ja von hepatischer Glucose stammt, die schnell wieder weg ist!)