Davon betroffen sind fast alle Gewebe, denn die Mikroangiopathie stellt eine Schädigung der kleinsten Blutgefäße, der Kapillaren dar. Die Pathogenese (=Krankheitsentstehung) sowohl der Mikroangiopathien als auch der Neuropathien wird direkt auf den erhöhten Blutzucker zurückgeführt. (=Anlagerung von Glukosemolekülen an Gewebseiweiß; durch das Auslösen entzündlicher Prozesse in der Gefäßinnenwand Anrauhung derselben, was zur Atherosklerose führt).
Klinische Auswirkungen der Mikroangiopathien wären z.B.:
Retinopathien
(=Erkrankung der kleinen Blutgefäße in der Netzhaut des Auges) können unbemerkt zur Erblindung führen, der Krankheitsbeginn ist meist schleichend. Die meisten Chancen auf eine erfolgreiche Therapie hat man aber in einem möglichst frühen Stadium. Daher sollte jeder Diabetiker mindestens einmal jährlich dem Augenarzt vorgestellt werden. Werden sie rechtzeitig erkannt ist oft noch eine Intervention durch Laser-Therapie möglich.
Man unterscheidet eine Nicht-Proliferative Phase (= ohne Gewebswucherungen) oft als Vorstufe einer Proliferativen Phase (= mit Gewebswucherungen einhergehend). Häufig bilden sich Mikroaneurysmen an den neugebildeten Gefäßen, die dann zu Blutungen neigen. Grund für diese Proliferation ist, dass die durch den hohen BZ geschädigten Gefäße die Blutversorgung nur unzureichend sicherstellen und der Körper versucht Umgehungskreisläufe zu schaffen. Diese Proliferationen können bis zur Glaskörperabhebung gehen.
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Diabetische Gangrän
(=Abgestorbenes Gewebe, vor allem an den Füßen) vom Angiopathie-Typ (es gibt sie auch vom Neuropathie-Typ) sind nur schwer zu behandeln. Auf jeden Fall ist während einer solchen Behandlung strenges Einhalten einer guten Stoffwechselführung absolut geeignet, den Heilungsverlauf zu unterstützen. Da Diabetiker allgemein zu einer schlechten Wundheilung neigen, kommt es nicht selten bei diabetischem Gangrän zu einem Stadium, wo eine Amputation, bzw. ein großzügiges chirurgisches Ausschneiden unumgänglich wird.
Ein diabetisches Gangrän ist ein Untergang von Gewebe aufgrund unzureichender Durchblutung, ähnlich dem Dekubitus. Allerdings ist hier nicht immer Druck der auslösende Faktor, sondern oft reicht allein schon die angiopathische Primärschädigung zur Gewebsnekrose. Weiterhin begünstigen Druck durch unzureichendes Schuhwerk sowie externe Verletzungen bei eingeschränkter Wundheilung die Entstehung.
Daher gehört die Fußpflege eines Diabetikers u.U. in die Hände einer Fachkraft für medizinische Fußpflege!
Selbst kleinste Verletzungen können Komplikationen bis hin zur Amputationspflichtigkeit der betroffenen Extremität nach sich ziehen. Hervorgerufen durch die Fußpflege seitens einer nicht speziell dazu ausgebildeten Pflegekraft stellt so etwas einen schweren Pflegefehler dar!
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Ist eine solche Schädigung bereits entstanden, gilt es sie zu therapieren. Nach sofortiger Rücksprache mit dem behandelnden Hausarzt beinhaltet eine solche Therapie die möglichst gute Einstellung der diabetischen Stoffwechsellage, eine weitestgehende Druckentlastung der betroffenen Extremität: keine engen, drückenden Schuhe, keine engen Socken (wenn es nicht anders geht kann man auch die Bündchen der Socken einschneiden, damit die nicht die Haut einschnüren), nach Möglichkeit keine zirkulären Verbände. (Ausnahmen sind - nach Anordnung durch den behandelnden Arzt - Kompressionsverbände oder Hilfsmittel zur Thromboseprophylaxe. Grund: man riskiert lieber den Verlust einer Extremität als den Verlust des Lebens durch Thrombose mit daraus möglicherweise resultierender Lungenembolie).
Evtl. kann - wenn noch nicht geschehen - die Durchblutungssituation durch Gabe von niedrigdosierten Thrombozytenaggregationshemmern (z.B. ASS 100) verbessert werden.
Ein zielgerichtetes Wundmanagement, bei dem die Maßnahmen der jeweils aktuellen Wundsituation angepasst werden, trägt seinerseits entschieden zum Therapieverlauf bei. Grundsätzlich unterscheidet sich die Wundversorgung bei Gangrän nicht von anderen Wundversorgungen - mit Ausnahme der möglichst weitgehenden Druckentlastung.
Oft gilt heute der Grundsatz "Feuchte Wunden werden feucht behandelt, trockene Wunden trocken", dem ich mich auch anschließe. Wichtig ist, dass ein solcher Verbandwechsel unter aseptischen Bedingungen und in »None-Touch-Technik« durchgeführt wird.
Zur Wundreinigung empfehlen sich (sterile/s!) Ringer-Lösung, NaCl 0,9% oder Wasserstoffperoxid. Reinigung der Wundränder mit Hautdesinfektionsmittel (Kodan-Spray) und zur Wunde hin, da ein Gangrän als septische Wunde angesehen wird.
Die Wahl der Wundauflage wird durch das Sekretionsverhalten der Wunde bestimmt.
Für stark exsudierende Wunden empfehle ich eine absorbierende Wundauflage wie Kaltostat®, bei geringerer Sekretion Silber-Aktivkohle Auflagen. Ist die Wunde nur feucht und ohne nennenswerte Sekretion eignen sich Hydrokolloidverbände optimal zur Versorgung, da sie den Vorteil haben, die Wundreinigung durch enzymatische Abbauvorgänge des nekrotischen Gewebes zu beschleunigen. (Allerdings wirkt durch die Abbauvorgänge die Wunde bei den ersten Verbandwechseln oft größer, da ja totes Gewebe abgebaut wurde. Viele wechseln daraufhin erschrocken die Art der Wundversorgung, weil sie nicht wissen, das dies ja ein gewollter Prozess ist, der die Heilung beschleunigt.)
Ein weiterer Vorteil von Hydrokolloiden ist das beständig feuchte Wundmillieu, was seinerseits die Gewebsgranulation begünstigt. Hydrokolloide verkleben auch nicht mit dem Wundgrund, so dass ein Verbandwechsel auf schonende Art für das noch empfindliche neue Gewebe erfolgen kann. Stagniert der Heilungsverlauf über einen längeren Zeitraum, so ist der behandelnde Arzt hinzuzuziehen.
Diabetische Nephropathien
... liegen einem Großteil der heutigen Dialyse-Patienten zugrunde.
Unter diesem Überbegriff werden verschiedene Nierenerkrankungen zusammengefasst, deren Entstehung ursächlich auf den Diabetes zurückzuführen ist oder die durch den Diabetes begünstigt werden (»Diabetes als Risikofaktor«), wie etwa die Glomerulosklerose (Gefäßwandveränderungen in den funktionellen Anteilen der Niere), die diabetische Arteriosklerose in den großen Nierengefäßen, und die Pyelonephritis (Nierenentzündung).
Überhaupt scheint die Minderperfusion der Niere entzündliche Prozesse zu beschleunigen.
Die diabetische Nephropathie schreitet über 10-25 Jahre voran. Zu Beginn sieht man eine Hyperfiltration ohne Mikroalbuminurie (=Nachweis von Eiweiß im Urin), die sich im Verlauf zu einer um 20-50% über normal liegenden Urinmenge mit einer Mikroalbuminurie von > 300 mg/24 h weiterentwickelt.
Die Urinmenge normalisiert sich zeitgleich mit ersten Nierenschäden und dem Auftreten eines leichten Hypertonus, später kommt es zu einer deutlichen Hypertonie mit Proteinurie > 0,5 g/Tag. Eine schwere Proteinurie und eine fortschreitende Verschlechterung der Nierenleistung gehen der terminalen Niereninsuffizienz (=Nierenversagen) voraus.
Bei Proteinurie, diabetischer Retinopathie, Hypertonus und seit > 10 Jahren bestehendem Diabetes mellitus ist die Diagnose sehr wahrscheinlich. Andere Nierenerkrankungen müssen in Betracht gezogen werden, wenn eine schwere Proteinurie bei erst kurz bestehendem Diabetes mellitus, eine Makrohämaturie (=Blut im Urin) oder eine schnelle Abnahme der Urinmenge vorliegen bzw. auftreten. Eine Sicherung der Diagnose erfolgt durch Biopsie.
( Hintergrundinfos)
Wenn ein Insulinmangel längerfristig anhält, so kann der Organismus seinen Energiebedarf nicht mehr aus Glucose decken, sondern verwertet freie Fettsäuren, die aus dem Abbau von Körperfett entstehen (das nennt man "Lipolyse"). Es entstehen dabei aber nicht nur freie Fettsäuren, sondern auch Ketonkörper, wie z.B. das Aceton.
Je nachdem, wie stark der Insulinmangel ist kann auch die Lipolyse stärker oder schwächer sein und viel oder wenig Ketone freisetzen.
Die Gefahr dabei ist, dass Ketone den pH-Wert des Blutes senken. Normalerweise liegt der pH bei 7,37 bis 7,43; wie man sieht ist das eine sehr geringe Spannweite.
Als pH-Neutral bezeichnet man einen pH-Wert von genau 7. Alles darunter nennt man sauer, alles darüber basisch. Unser Blut ist also leicht basisch und so muss es auch sein. Sinkt der pH nun (z.B. durch die Ketone), so wird man azidotisch. (Acid = Säure)
Die Auswirkungen auf das Gehirn sind wie bei vielen Vergiftungserscheinungen (die ja auch eine Azidose bewirken):
- Übelkeit
- Erbrechen
- Bauchschmerzen
- Müdigkeit
- Bewusstseinsveränderungen
Viele weniger gut geschulte Diabetiker verwechseln hier aber Ursache und Auswirkung:
zu Beginn der Veränderungen steigt der Spiegel an Ketonkörpern im Blut an. Dieser Zustand nennt sich Ketose und man kann ihn mit entsprechenden Teststreifen messen. Erst wenn dieser Zustand unbehandelt längere Zeit anhält und es durch weiteren Anstieg der Ketonkörper zu einem Absinken des Blut-pH unter 7,35 kommt spricht man von einer Ketoazidose. Die Azidose selber kann mit häuslichen Mitteln nicht gemessen werden, denn das für pH-Tests erhältliche "Lackmuspapier" ist dafür nicht empfindlich genug. Messen und damit zweifelsfrei diagnostizieren kann man eine Azidose nur mit einem speziellen Laborgerät zur Blutgasanalyse. Die Aussage "Ich habe eine Ketoazidose gemessen" ist also unkorrekt. Richtig müsste es heißen "Ich habe eine Ketose gemessen".
Auffällig bei Ketoazidotischen Patienten ist der Azetongeruch (riecht wie faule Äpfel) in der Atemluft. Eine unbehandelte Ketoazidose führt zum Koma und damit zum Tod des Patienten! Bei Azetongeruch und hohem BZ gehört ein Patient unverzüglich ins nächstgelegene Krankenhaus. Auch würde sich empfehlen bei ständig zu hohen BZs mal einen Ketonkörpertest mit Urinstreifen zu machen.
Die meisten Ketonteststreifen für Urin messen semiquantitativ, d.h. sie geben das Ergebnis in +, ++ oder +++ wieder (einfach, zweifach oder dreifach positiv). Es gibt auch BZ-Messgeräte, die Keton direkt im Blut messen können Allgemein ausreichend sind aber die Urinteststreifen, wenn sie ihr Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht überschritten haben.
Die Behandlung einer ketoazidotischen Störung erfordert eine gute Schulung und einen gewissen Mut zum Ungewöhnlichen, denn man darf hier mit dem Insulin nicht zimperlich sein.
In die Gefahr eine Ketoazidose zu erleiden kommen Diabetiker, die sich regelmäßig mit Insulin behandeln nur selten. Am meisten gefährdet sind hier jedoch die Pumpenträger.
Grund: bei ihnen gibt es nur ein sehr kleines Insulinreservoir unter der Haut, das dann natürlich auch nicht lange vorhält. (Im Gegensatz zur ICT, bei der ja das Basalinsulin kontinuierlich ins Blut abgegeben wird.
Kommt es dann zu einem Therapieversagen (Pumpe oder Katheter defekt, Katheter verrutscht oder abgeknickt oder ähnliches, siehe die 73 Gründe, warum ein erhöhter BZ nicht sinkt), so ist das Reservoir sehr rasch aufgebraucht und der Körper rutscht in einen Insulinmangel und somit in eine immer größer werdende Insulinresistenz.
Die freien Fettsäuren haben nämlich nicht nur die positive Eigenschaft, dass sie als Ersatzenergie dienen können, sie haben auch die negative Eigenschaft die Insulinwirkung in den Zellen einzuschränken.
Ist eine solche Fettsäure-Resistenz eingetreten, dann wird per se schon mal mehr Insulin benötigt, um sie zu durchbrechen.
Allerdings verschwindet so eine Resistenz nicht von jetzt auf gleich, das kann schon mal etliche Stunden anhalten.
Hier könnte ich jetzt aufzählen, nach welcher Strategie man am besten weiter vorgeht, aber warum das Rad neu erfinden?
Ich habe selbst die allerbesten Erfahrungen mit dem ABC-Schema nach Dr. Teupe gemacht.
Im wesentlichen unterteilt Dr. Teupe die Maßnahmen in drei Grade:
- Schema A für Ketoazidose
- Schema B für Fettsäureresistenz
- Schema C für kurzzeitige BZ-Anstiege
Ich würde daher empfehlen an dieser Stelle dort weiterzulesen, denn mir ist mehr daran gelegen, dass Sie es von einem wirklichen Vollprofi erfahren, als daß ich hier jetzt versuche exakt diese Inhalte nur mit eigenen Worten wiederzugeben.